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Tagebucheintrag 5-011 – Radio Wien

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Sonderausstellung Radio Wien – ORF-Funkhaus Wien/Heiligenstadt | 2025

“Das Rätsel um die Tafel”

Copyright 2025 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Dieses Wochenende war für mich keine Arbeit angesagt. Der Robert und ich haben ja eh ordentlich die ganze Woche geschuftet, um alle Informationen für die Beiträge zum Jubiläum ordnungsgemäß und auch rechtzeitig noch einzubringen. So war jetzt einmal nur Auszeit und Entspannung angesagt. Obwohl, von Entspannung kann man wahrscheinlich eher weniger reden, denn jetzt stand erst mal natürlich die ausführliche Berichterstattung an Julchen über die ganzen Ereignisse der letzten zwei Wochen an. Das haben wir aber erst nach dem Auffüllen der notwendigen Vorräte bei einem schönen Ausflug auf die Hausberge in aller Ruhe durchgeführt. Es gab ja wirklich auch eine Menge zu erzählen und die Kleine wollte halt alles wieder ganz genau wissen. So ist dann damit auch der gesamte Nachmittag drauf gegangen. Dennoch hat uns allen dieser kurze Urlaub extrem gutgetan. Es ist schon wichtig, ab und zu auch einmal wieder eine andere Gegend genießen zu können.

Dementsprechend müde sind wir alle am späten Abend nach Hause zurückgekommen. Julchen hat sich gleich in die Falle verzogen und ich habe es mir mit dem Buch vom Robert noch ein wenig auf dem Sofa gemütlich gemacht. Ich wollte unbedingt noch herausfinden, wo er da drinnen bei den Bildergeschichten mitgespielt hat. Beim ersten Durchblättern ist mir allerdings schon aufgefallen, dass die Erzählweise in diesem Buch eine ganz andere ist, als ich sie normal gewohnt bin. Da waren keine Texte zum Lesen drinnen, sondern nur ein ganzer Haufen handgezeichnete bunte Bilder. Zwar hat man schon auch mitbekommen, um was es geht, denn wenn zwei angeblich miteinander gesprochen haben, ist über deren Köpfen so eine Art Blase gewesen, in der der Text von dem, was sie sagen, drinnen gestanden ist. Es war irgendwie ein bissl komisch das Ganze. Man hat zwar in den einzelnen Situationsbildern erkennen können, um was es in der Geschichte geht, aber zwischen denen hat man sich den Rest denken müssen. Ist das vielleicht die umgekehrte Version von Radio? Dort hat man den gesprochenen Text, untermalt von Musik und Geräuschen und muss sich die Bilder erst in Kopf zusammenbauen. Hier hat man die Bilder und muss sich im Kopf die Geschichte zusammenbauen. Irgendwie machen die das alles ein wenig kompliziert bei euch, aber dennoch nicht unspannend. Den Robert habe ich dann übrigens auch recht schnell gefunden. Der war mit seiner dynamischen Herangehensweise, seinem markanten Kapperl und dem Mikrofon in der Hand unverkennbar zu identifizieren. Komisch war nur, dass in den Geschichten die meisten Darsteller eher tierähnliche Gestalten gehabt haben. Aber das gehört wahrscheinlich zum Stimmungsbild. Ich hab dann auf jeden Fall nicht mehr sehr viel von der eigentlichen Geschichte mitbekommen, da ich auch irgendwann eingeschlafen bin.

Am späten Vormittag, als mich die Sonnenstrahlen an meiner Nase gekratzt haben, bin ich dann relativ schnell auch wieder senkrecht gestanden. Da hab ich doch fast verschlafen, da ich es mir heute ausnahmsweise mit Robert nochmals ausgemacht hatte, ihn zu einem der größten Bälle in diesem Land zu begleiten. Er müsse dort, wie jedes Jahr einen speziellen Bericht über die anwesende Prominenz machen und hat gemeint, dass er mich mitnimmt und es mir das dort sicher auch ganz gut gefallen würde. Also war jetzt sputen angesagt. Zu allem Übel und wie es in solchen Situationen immer ist, dürfte in dem Moment auch mein Kreislauf einen kleinen Hacken durch das schnelle Aufspringen bekommen haben. Es war auf einmal alles rundherum so komisch. Ich hab auf einmal nur mehr ein paar Farben wahrnehmen können und alles war auch zusätzlich nur mehr so großflächig strukturiert. Komisch. Aber das wird sich sicher wieder bald geben. Ich musste auf jeden Fall jetzt schauen, dass ich mich so schnell als möglich ordentlich zusammen richte und den vereinbarten Termin ja nicht übersehe. Also mal das Kleid suchen, welches ich mir extra für diesen Anlass parat gelegt habe. Danach Haare hübsch machen und anschließend zum festlichen Anlass das Diadem von meiner Mutter suchen. Das hat mich allerdings wieder einige Zeit gekostet, da damit natürlich wieder die Kleine abgefahren ist und dieses sicher in ihrer Kommode verstaut hat.

Mein Kreislauf dürfte sich mittlerweile auch noch nicht wirklich stabilisiert haben, den meine Sicht auf die Welt ist noch immer in diesen komischen Farben von vorhin. Doch auch das war mir in dem Moment egal, ich musste so schnell als möglich zum vereinbarten Termin mit Robert vor dem großen Opernhaus. Wie es so sein muss, ist mir auch noch die Bimmelbahn vor der Nase davongefahren und die nächste war natürlich gerammelt voll. Die Leute da drinnen hatten alle ganz tolle Roben und Anzüge an und haben aber auch ein bissl anders ausgesehen als sonst. Ob die auch alle zu diesem großen Ball fahren? Nach einer quälend langen halben Stunde bin ich dann doch noch fast pünktlich angekommen. Robert hat schon ungeduldig vor dem großen Haus auf mich gewartet und wir sind sogleich durch den Hintereingang ins Gebäude gehuscht, um die ersten Interviews mit den Prominenten zu machen. Komisch war nur, dass er heute nicht alleine unterwegs war. Da war auch immer ein zweiter Mann mit einer großen Tafel im Umfeld von uns unterwegs, der immer mit ihm in enger Verbindung gestanden haben dürfte und sich irgendwie maßgeblich in die ganzen Interviews eingemischt hat.

Ich habe dem aber vorerst einmal nicht wirklich viel Beachtung geschenkt, denn der Robert hatte eh genug zu tun und ich wollte mir als erstes einmal den Ball genauer anschauen. Das war ja wirklich alles sehr pompös dort. Überall waren riesige Blumenarrangements und dazwischen tanzten die Leute in ihren tollen Roben und Fracks fröhlich zur Musik. Die vierstöckigen Logen rund um den Ballsaal waren alle voll besetzt. Dort genossen die, die gerade nicht mit dem Tanzen beschäftigt waren, die köstlichsten Speisen und amüsierten sich dabei auch köstlich. Das Ganze hatte etwas von einem riesigen festlichen Gelage bei einer königlichen Hochzeit. Und es kamen immer mehr Leute dazu. So lange, bis es echt bum voll war. Nicht nur auf der Tanzfläche, sondern auch in allen Nebenräumen, in denen sich die verschiedensten Bars befunden haben. Mir ist das dann doch ein wenig zu viel geworden und ich hab beschlossen, wieder den Robert zu suchen, vielleicht kann er ja meine Hilfe brauchen.

So habe ich mich mühsam durch das ganze Gewusel gearbeitet und ihn dann schlussendlich auch wirklich wiedergefunden. Der war gerade dabei, ein paar Leute auf der großen Eingangsstiege in ein Gespräch zu verwickeln. Und dabei ist mir auch wieder der Mann mit der Tafel aufgefallen. Da mich die zwei zu dem Zeitpunkt noch nicht erblickt hatten, hab ich dem Treiben ein wenig zugeschaut, weil ich ergründen wollte, was dieser Mann hier überhaupt für eine Funktion spielt. Der ist immer ein wenig abseits vom Robert gestanden und hat auf seiner Tafel eine Frage oder einen Satz drauf geschrieben und diese dann in seine Richtung gehalten. Dann hat der Robert den Satz runtergelesen und anschließend dem Interviewpartner das Mikrofon unter die Nase gehalten. Anschließend hat der Mann einen neuen Satz notiert und das Spiel ist von vorne losgegangen. Jetzt war ich dann schon ein bissl perplex über die Aktion, die da gerade abgegangen ist. Ich war immer davon überzeugt, dass der Robert nach seinen zweiunddreißig Jahren beim Radio schon genau weiß, was er tut und was er fragen muss. Und jetzt steht da ein Mann, der ihm die Fragen aufschreiben muss. Das verstehe ich nicht. War der in den letzten Tagen eventuell auch schon immer dabei und ich hab ihn einfach nur nicht wirklich realisiert?

Das kann doch jetzt nicht wirklich sein, oder? Ich hab dem ganzen Treiben dann noch eine Zeit lang zugeschaut, aber irgendwann ist es mir zu blöd geworden und ich musste diesem Mysterium unbedingt genauer auf den Grund gehen. So hab ich mir einfach den Mann mit der Tafel geschnappt und ihn gefragt, was er da überhaupt macht und warum er dem Robert immer die ganzen Fragen vorschreibt. Der weiß doch eh selber, was er am besten tun muss. Der macht das ja schon so lange. Der Mann war dann aber eigentlich eh ganz nett und hat mir versucht zu erklären, dass das eben seine Aufgabe sei, denn er ist ja der A……………..

Und dann bin ich auf einmal am Sofa wieder aufgewacht. Komplett verdrückt und mit dem Bilderbuch vom Robert in der Hand. Auch mein Kreislauf dürfte mittlerweile wieder in Ordnung sein, denn die Optik ist wieder ganz normal. So ein Blödsinn schoss es mir durch den Sinn. Hab ich das wirklich alles nur geträumt und heute ist auch erst Sonntag früh. Aber dennoch, das mit dem Mann und der Tafel muss ich nächste Woche unbedingt nochmals genauer hinterfragen. Das kommt sicher nicht von ungefähr.


Podcast-Erklärung und Informationen zum Thema


Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2025)
Titel eingearbeitetes altes BildAufnahme von Gästen auf der Feststiege der Wiener Staatsoper während eines Opernballs
Datierung1963
Archiv | Urheber altes BildÖsterreichische Nationalbibliothek

Die Bilder der Originalausstellung sind im Format Format 120x90cm / Leinwand auf Keilrahmen / von echtleinwand | Wien produziert worden.

www.echtleinwand.at

Wir bedanken und für die musikalische Untermalung der fünften Reise bei

STAFAN WAGNER

Band : STAFAN WAGNER GROUP

Titel: “New Atlantis”

http://stefanwagnergroup.at/


Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at


Wenn euch die Grafiken unserer Reise gefallen haben, würden wir uns auch über eine kleine Spende freuen.

Besten Dank, das Team von Photographics






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