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Tagebucheintrag 5-007 – Radio Wien

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Sonderausstellung Radio Wien – ORF-Funkhaus Wien/Heiligenstadt | 2025

“Die Jagd nach der Geschichte”

Copyright 2025 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Heute in der Früh sollte ich den Robert nur ganz kurz treffen. Es wird für mich ja in den nächsten Tagen wirklich erstmals ans Eingemachte gehen und so haben wir uns lediglich nur für eine kurze Einweisung eine Zusammenkunft im Studio ausgemacht. Ich hab mir nach dem Frühstück also alles Notwendige zusammengesucht und mich anschließend sehr zeitig auf den Weg gemacht. Voller Erwartungen bin ich im Studio angekommen. Robert hat mir so ein kleines Aufnahmegerät für die Interviews in die Hand gedrückt und mir alles ganz genau erklärt. Das war gar nicht so kompliziert, wie ich mir das anfänglich gedacht habe. Die Entwickler von den Dingern haben das nämlich ganz schlaugemacht. Für die Steuerung von dem Teil gibt es nur ein paar spezielle Tasten. Mit denen kann man die Sprache aufnehmen, sich sie wieder anhören und auch vorwärts oder rückwärts laufen lassen. Damit das alles in den unterschiedlichsten Sprachen auch immer genauso verstanden wird, haben die das nicht angeschrieben, sondern einfach nur Bilder drauf gemacht. Zum Anhören hat man zum Beispiel ein liegendes Dreieck. Will man etwas aufnehmen, drückt man auf den roten Punkt. Zum Vorwärts- oder Rückwärtsspulen sind jeweils zwei liegende Dreiecke in der jeweiligen Richtung angeordnet. Also wirklich ganz einfach. Den Ton sieht man auf zwei sich bewegenden Balken und wenn die in einen gewissen Bereich kommen, dann muss man einfach nur an einem Rad drehen, bis dieser wieder normal gepegelt ist, wie Robert das so nennt. Der Ton von der Sprache kommt mit so einem Extrading in das Teil, das ausschaut wie eine schwarze Gurke. Man nennt das Mikrofon. Robert hat mir allerdings auch nicht erklären können, wie so etwas funktioniert, obwohl er schon so lange bei diesem Radio arbeitet. Er hat es einfach nur irgendwann einmal akzeptiert, dass die Teile halt ihre Arbeit machen. Warum und wieso wollte er gar nicht wissen. Hauptsache es geht. Kenn ich. Ich bin seit gestern auch schon ganz leicht so unterwegs, aber dennoch interessiert es mich ein wenig. Vielleicht frage ich dazu einmal den Herrn Oberst, dann kann ich es dem Robert ja erklären, wenn er mag.

Ausgestattet mit dem notwendigen Zeugs habe ich dann meinen Arbeitseinsatz angetreten. Ganz wohl war mir jedoch nicht bei der Sache. Zwar hatte ich ja aufgrund unserer Recherchen einen ganz genauen Plan für die nächsten Tage bei mir, die Interviewtermine waren auch alle schon so weit ausgemacht, dennoch war ich noch nicht ganz davon überzeugt, ob ich das alles alleine auch wirklich schaffen würde. Dementsprechend lang war die Fahrt mit der Bimmelbahn ins Fernmeldemuseum. Alles Mögliche ist mir durch den Kopf gegangen. Schaff ich das? Wird Robert mit meiner Arbeit zufrieden sein? Was mache ich, wenn es nicht klappt? Und noch so einige andere unnötige Fragen, die unweigerlich in so angespannten Situationen auf einen zukommen. Doch es half alles nichts, da musste ich jetzt durch, denn mein Gesicht wollte ich bei der ganzen Sache als letztes verlieren. Außerdem war ich doch gespannt, wie sich das alles so entwickeln wird und wie sich das Endergebnis dann anhören würde. Also einfach mal Augen zu und durch.

Am Ende meiner Gedanken bin ich wieder bei der Kaserne angekommen, in dem sich das Fernmeldemuseum befindet. Diesmal war es ein Leichtes für mich hineinzukommen. Zum einen hatte ich ja einen offiziellen Termin beim Herrn Oberst, zum anderen hat mich die Wache am Eingang ja schon ausgiebig kennenlernen dürfen und so war für mich der Eintritt relativ schnell hergestellt. Der Herr Oberst hat nicht schlecht geschaut, als ich, ausstaffiert mit Rucksack, Radio-Wien-Kapperl und dem ganzen Aufnahmeequipment vor ihm gestanden bin. „No? Sima jetzt befördert worden?“, waren dann auch seine ersten Worte dazu. Ich hab ihm natürlich anschließend alles erzählen müssen, was seit dem letzten Einsatztag beim ihm so alles passiert ist und es hat ihn wirklich sehr gefreut, dass wir uns zwar unter anderen Umständen, aber dennoch so schnell wieder getroffen haben. Ich habe ihm anschließend meine neuen Aufgaben ausführlich beschrieben und wir sind gemeinsam den vorbereiteten Fragenkatalog an ihn aus unserer Vorarbeit von gestern durchgegangen. Dabei habe ich ihn natürlich auch, wie Robert es mir aufgetragen hat, darauf hingewiesen, dass wir pro Beitrag nur zwei Minuten zur Verfügung haben und er sich deshalb bei seinen Antworten eher so kurz als möglich halten solle. Doch das habe ich am Anfang schon gewusst, dass das eher ein sinnloses Unterfangen sein wird. Genauso war es dann auch. Ich habe meine vorgefertigten Fragen zu den einzelnen Themen gestellt und der Herr Oberst hat ausführlich darauf geantwortet. Nicht aber, ohne immer wieder ein wenig auszuschweifen und diverse lustige Anekdoten einfließen zu lassen. Ich hab es ab einem gewissen Zeitpunkt einfach nur mehr laufen lassen, da die einzelnen Geschichten einfach zu spannend waren, als das man da auch nur irgendwas irgendwo wegnehmen könnte.

So haben wir dann auch die nächsten beiden Tage gemeinsam in derselben Vorgehensweise im Fernmeldemuseum verbracht und es ist ein ganz schönes und umfangreiches Sprachdokument zu unseren geplanten Beiträgen zusammengekommen. Ich habe dabei natürlich, um nicht die Übersicht zu verlieren, jedes einzelne dieser Bänder genau beschriftet und zusätzlich mir noch genaue Notizen zum Inhalt gemacht. Denn das war mir zu dem Zeitpunkt schon klar, dass man bei so einer Menge relativ leicht den Überblick verlieren kann und nachher nicht mehr so wirklich weiß, wo man was findet. Das bringt eben dann auch nix und die ganze Arbeit war im Endeffekt umsonst. Das Schöne am Schluss unserer mehrtägigen Arbeit war dann die Tatsache, dass als der Herr Oberst gefragt hat, wann und wo er sich das alles einmal anhören kann, ich ihm sagen konnte, dass er einfach nur eines von seinen Empfangsdingern im Museum um eine gewisse Uhrzeit an einem gewissen Tag einschalten muss und dann kann er unseren Beitrag überall in diesem Land hören. Da habe ich zum ersten Mal das Gefühl gehabt, das diese Arbeit des Radiomachens auch eine gewisse Macht darstellt, mit der auch eine Menge Verantwortung für die richtige Darstellung der Inhalte einhergeht, denn ab jetzt liegt es nur mehr an Robert und mir, das Bild so darzustellen, wie es auch im Sinne des Visavis ist.

Nichtsdestotrotz hat mich nach den paar Tagen im Museum die Reporterkrankheit so richtig gepackt. Ich hab jede Zeit in den nächsten Tagen ausgenützt, um weitere spannende Berichte für den Robert einzufangen. Wie es geht, hab ich ja schon gelernt und so hab ich mir erst mal einfach etwas einfallen lassen. Dabei haben mir natürlich meine Erlebnisse aus den vergangenen Reisen sehr gut geholfen. So bin ich einfach an einige der Orte zurückgekehrt, an denen ich schon mal meine Recherchen zu anderen Themen durchgeführt habe und hab mir überlegt, was von Interesse sein könnte. Ganz nett war es unter anderem wieder einmal bei den Rittern in dem alten Schloss zu sein. Dort habe ich mir wirklich einen ganzen Haufen an guter Geschichten erhofft. So war es dann auch. Ich hab mit den Musikern geredet, die eine nicht mehr ganz zeitgemäße Folklore darboten, hab mit Ochsengrillmeistern gesprochen und versucht den Geschmack von deren großen Grilltieren auch akustisch rüber zu bekommen. Hab mit Rittern aus anderer Zeit geplaudert und versucht den Kampf um ein Burgfräulein möglichst gut einzufangen. Es hat richtig Spaß gemacht und ich bin regelrecht süchtig danach geworden, die Situationen, wenn auch nur als Ton, mit diesem ominösen Gerät einzufangen.

Doch irgendwann war dann auch wieder Schluss damit. Ich hatte keine freien Bänder mehr. Zu gerne hätte ich noch weitergemacht, aber als ich mir meine Ausbeute der letzten paar Tage dann doch einmal als Ganzes angesehen habe, ist mir erst so richtig bewusst geworden, dass da der Robert wahrscheinlich nicht ganz so sehr erfreut sein wird. Da bin ich wohl ein wenig über das Ziel hinaus geschossen und wenn wir da was draus machen wollen, dann bedeutet das ja noch viel mehr Arbeit als geplant. Dennoch, ich werde versuchen, es ihm so schonend als möglich beizubringen.


Podcast-Erklärung und Informationen zum Thema


Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2025)Schloss Neugebäude | Wien
Titel eingearbeitetes altes BildÜbertragungswagen RAVAG mit Willy Schmieger
Datierung1931
Archiv | Urheber altes BildÖsterreichische Nationalbibliothek

Die Bilder der Originalausstellung sind im Format Format 120x90cm / Leinwand auf Keilrahmen / von echtleinwand | Wien produziert worden.

www.echtleinwand.at

Wir bedanken und für die musikalische Untermalung der fünften Reise bei

STAFAN WAGNER

Band : STAFAN WAGNER GROUP

Titel: “New Atlantis”

http://stefanwagnergroup.at/


Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at


Wenn euch die Grafiken unserer Reise gefallen haben, würden wir uns auch über eine kleine Spende freuen.

Besten Dank, das Team von Photographics






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