
Tagebucheintrag 5-003 – Radio Wien

Sonderausstellung Radio Wien – ORF-Funkhaus Wien/Heiligenstadt | 2025
“Ankunft im Studio”

Nachdem ich jetzt davon überzeugt war, mich mit meinem Rechercheneinsatz in den letzten paar Tagen ordentlich auf das neue Thema eingearbeitet zu haben, ist heute eben dieser Tag gekommen, an dem ich mit Robert Jahn ausgemacht habe, einen Einsatz als Praktikantin bei diesem besagten großen Radiosender in der Stadt antreten zu dürfen. In dem großen Museum habe ich ja auch wirklich viel Neues und Spannendes zu diesem Thema finden können. Doch vorerst musste ich noch etwas anderes ganz Wichtiges erledigen. Im Gegensatz zu meinem letzten Einsatz im Fernmeldemuseum, war diesmal für die Kleine definitiv kein Mitkommen angesagt. Da musste ich diesmal wirklich ein wenig hart bleiben, denn dabei konnte ich sie beim besten Willen nicht gebrauchen. Das Ganze war mir dann doch ein wenig allzu heikel.
So war dann noch am gestrigen Nachmittag ein ordentliches Gezeter angesagt. Julchen war natürlich alles andere als begeistert, als ich ihr unterbreitet habe, dass ihre Aufgabe in den nächsten paar Wochen sein wird, auf die heimatlichen Gefilde und den kleinen Racker aufzupassen. Die ganzen endlosen Diskussionen von wegen sie ist ja auch nur hier, um etwas Neues zu lernen, sie findet das Thema auch außerordentlich spannend und warum eigentlich immer nur ich die interessanten Sachen erleben dürfe, haben aber im Endeffekt dann auch nicht wirklich was geholfen. Irgendwann hat sie sich aber dann doch damit abgefunden und versprochen, diesen ihr auferlegten Dienst nach besten Wissen und Gewissen zu erfüllen. Natürlich habe ich ihr noch einige Bücher zu dem Thema organisiert, sodass sie sich während meiner Abwesenheit auch ein bissl mit der Thematik beschäftigen kann. Hab geschaut, dass das Verpflegungslager ausreichend gefüllt ist und ihr auch noch eine genaue Beschreibung der Lieblingsrunden von Günter gegeben. Obwohl, der kleine Racker wird sie eh selber dorthin führen, wo er hin will. Da habe ich keine Angst. Irgendwann am sehr späten Abend habe ich dann endlich auch Zeit gefunden, mich in aller Ruhe auf den heutigen Tag vorzubereiten. Die Kleine wollte ab einem gewissen Punkt eh nichts mehr mit mir reden. So hatte sich eben mürrischer Frieden eingestellt, der noch ein paar Tage anhalten sollte.
Wie man sich vielleicht denken kann, habe ich dann heute mein Frühstück alleine zu mir nehmen dürfen. Doch das ist mir ganz gelegen gekommen, da ich mich so mehr in Hinblick der neuen Aufgabe konzentrieren konnte. Ich bin ja schon wirklich gespannt, was es da mit dem Radiomachen so auf sich haben wird. Ich hab mir dann noch ein wenig ein festlicheres Gewand rausgesucht, man kann ja nicht einfach so irgendwie beim größen Radiosender auftauchen und hab mich anschließend auf den Weg zu unserem ausgemachten Treffpunkt begeben. Robert hat vor ein paar Tagen gemeint, dass wir uns um Punkt zehn Uhr bei der großen Kirche mit dem riesigen Teich davor treffen würden. Da bin ich eh damals auch schon mit Babs einmal gewesen und sie hat mir dabei wunderschöne Melodien auf ihrer Gitarre vorgetragen. So war es ein Leichtes für mich, diesen Platz auch wieder zu finden. Eine Viertelstunde zu früh bin ich dann auch dort angekommen und hab am Rande des Wassers ein bissl ungeduldig auf Robert gewartet. Der ist aber dann wirklich ganz pünktlich aufgetaucht und ich durfte noch einmal in diesem besagten Rundfunktaxi Platz nehmen. Diesmal allerdings so gewollt.
Nach einer kurzen und herzlichen Begrüßung hat er mir erklärt, dass, weil wir noch ein wenig Zeit hätten, er mir zuerst ein wenig etwas über die Geschichte vom Radio in diesem Land erzählen wird und wir dabei, da heute nicht viel Verkehr auf den Straßen ist, ein paar der alten Standorte ein wenig abfahren werden. Das war also jetzt genau nach meinem Geschmack. Losgegangen ist es dann auch gleich in einem Grätzl, welches ich nur zu gut gekannt habe. Dieses habe ich vor einigen Jahren ja schon mal im Rahmen deren hundertzwanzig Jahresfeier genauestens durchstreifen dürfen. Wir sind in die Drestnerstraße gefahren und Robert hat mir erzählt, dass hier eigentlich die Geburtsstätte von allen Radiostationen in diesem Land ist. Damals hat eine gewisse Firma Czeija, Nissl & Co, die eigentlich die Vereinigte Telefonfabriken AG war, auf private Initiative von neunzehndreiundzwanzig bis neunzehnvierundzwanzig einen erfolgreich funktionierenden Versuchssender zur Ausstrahlung eines erst mal schon gestalteten Sprach- und Musikprogrammes gestartet. Damals allerdings noch als reiner Piratensender. Es hat dann nicht lange gedauert, bis daraus wirklich ein richtiger Radiosender geworden ist und der hat sich in der damaligen Bildungseinrichtung „Technologisches Gewerbemuseum“ einquartiert. „Das kenn ich!“, war sogleich meine Antwort darauf, „Das ist in der Wexstraße Ecke Stromstraße. Da war ich schon mal.“ Doch Robert hat nur gelacht. „Nein, Mädel, das ist das neue TGM. Das alte, in dem das Radio Hekaphon untergebracht war, ist ein bissl wo anders. Aber da fahren wir eh auch gleich hin.“ Schade. Und ich hab geglaubt, ich könnte mit meinem Wissen etwas zu der Geschichte beitragen. Na ja, is halt wieder mal nicht so.
Das alte TGM war ein wirklich schöner alter Steinbau und die haben anschließend dort aus dem vierten Stock die legalen Sendungen über das Land verteilt. Danach hat er mir noch drei weitere Standorte gezeigt, in denen überall ein Sendestandort drinnen war. Zwar war das dann nicht mehr das Radio Hekaphon, sonder die sogenannte RAVAG, die Radio-Verkehrs-AG. Die waren zuerst im Regierungsgebäude am Stubenring, dann mal kurz in der Johannesgasse und am Schluss in der Argentinierstraße. Nach dem großen Konflikt in diesem Land ist dann am letzten Standort der ORF entstanden. Der Österreichische Rundfunk, wie er auch heute noch besteht, aber mittlerweile an mehreren Standorten in der Stadt verteilt ist. Leider ist aber auch dieses alte Gebäude heute nicht mehr im Radioeinsatz, obwohl das ja dort ganz gut passen würde. Die haben da nämlich ein ganz großes, buntes Ohrwaschel vor der Türe stehen. Schaut wirklich lustig aus.
Nach ein paar weiteren Geschichten und Anektoten war unsere Rundreise durch die Geschichte des Radios dann auch schon wieder vorbei. Wir sind im heute genutzen Studio von Radio Wien angekommen. Das war ein ganz modernes hohes Gebäude mit einer ganzen Menge Glas davor. Robert hat mir beim Aussteigen noch erklärt, dass er und seine Mannschaft seit ein paar Jahren von dem alten, das mit dem Ohrwaschl, in dieses neue Gebäude umgezogen sind. Sie sind mittlerweile sehr froh darüber, da alle anderen Mitarbeiter auf den Berg hinauf haben müssen und sie eben da heraußen viel mehr Ruhe hätten für ihren äußerst kreativen Arbeitsprozess.
Was er wohl mit dem Berg gemeint hat? Das dürfte wahrscheinlich die Zentrale sein, aber die haben wir heute bei unserer Rundreise nicht gesehen. Na egal, wird sich vielleicht in nächster Zeit einmal ergeben.
Podcast-Erklärung und Informationen zum Thema
Informationen zu der Grafik
Standort des neuen Fotos (2025) | ORF-Funkhaus Wien / Heiligenstädter Lände |
Titel eingearbeitetes altes Bild | Aussen / Fassade zur Argentinierstrasse, Fassade zur Argentinierstrasse mit Eingangsbereich |
Datierung | 1966 |
Archiv | Urheber altes Bild | Österreichische Nationalbibliothek |
Die Bilder der Originalausstellung sind im Format Format 120x90cm / Leinwand auf Keilrahmen / von echtleinwand | Wien produziert worden.
Wir bedanken und für die musikalische Untermalung der fünften Reise bei
Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at
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Besten Dank, das Team von Photographics