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Tagebucheintrag 3/018-Wp07


“Da sieht man nicht viel”

Copyright 2021 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Der Oberst sagte in knappen Befehlston: „Mitkommen!“. Kurz hatte ich das innere Bedürfnis, stramm zu stehen. Diesen Ton war ich zwar nicht gewohnt, aber es fiel mir auch schwer etwas dagegen vorzubringen. Diese Ansage war leicht zu befolgen. Sie war einfach und präzise und erforderte weder Zustimmung noch Widerspruch, ja mehr noch: Sie duldete keinen Einwand oder auch nur eine winzige Verzögerung. Gehorsam folgte ich dem Oberst, welcher bereits voranging, in den Untergrund. Also auf in den nächsten Bunker.

Dort befand sich ein großes Rohr, welches auf einer halbkreisförmigen Führungsschiene montiert bzw. abgestützt war. Solche Führungsschienen kannte ich schon von den Lokomotiven. Daher vermutete ich gleich, dass man dieses Rohr über diese Schiene bewegen könnte. Der Oberst sagte: „Jetzt schau da mal hinaus!“. Ich tat wie mir befohlen und sah nur einen schmalen Ausschnitt des Geländes vor mir. „Okay“, sagte ich sieben gescheit: „Und was ist, wenn da einer von der Seite daherkommt? Der ist direkt vor mir, bevor ich ihn bemerkt habe!“ Dabei hatte ich den triumphierenden Blick eines Meisterstrategen aufgesetzt. „Das ist richtig“, sagte der Oberst, „genau darum muss man darauf achten, dass eine Annäherung nur in diesem aus dem Bunker heraus einsehbaren Bereich möglich ist!“ Trotzig stellte ich die Frage, wie man so etwas bewerkstelligen könne, auf einer solchen großen Fläche. Der Oberst holte tief Luft und begann mit seiner Lehrstunde für trotzige, besserwisserische Chefstrategen für Arme.

„Also: Das Geschütz hat einen gewissen Wirkungsbereich nach links und rechts. Diesen Bereich muss man von Bewuchs befreien, welcher einen Schutz des unentdeckt bleiben wollenden Angreifers bieten könnte. Weiters muss man dafür sorgen, dass keiner die Möglichkeit hat, sich außerhalb des Sicht und Wirkungsbereiches des Geschützes anzunähern. Hierzu bieten sich unpassierbare Stacheldraht-Sperren, Sprengfallen oder Minenfelder an“. An meinem Gesichtsausdruck alleine dürfte der Oberst erkannt haben, dass ich das Wort Mine nicht kannte und erklärte gleich selbstständig: „Minen sind Sprengkörper, die im Boden versteckt werden. Wenn jemand darauf steigt oder darüber fährt, wird die Miene augenblicklich gezündet und der arme Tropf, welcher diese ausgelöst hatte, ist neutralisiert. So würden die Angreifer in die Falle tappen wie die Maus in die Mausefalle. Natürlich wären die ausgebildeten Soldaten der Angreifer sicherlich auch in Kenntnis dieser Fallen und würden eher nicht in diese gehen. Falls sie es doch tun – nun ja, eine kriegerische Auseinandersetzung ist halt kein Kindergeburtstag. Konflikte unter den Menschen werden heute aber hauptsächlich durch die Politik gelöst. Da gibt es auch ganz andere Mittel, um Gegner zu befrieden. Zum Beispiel ein Handelsembargo. Damit kann das Land, welches glaubt sich nicht an allgemein anerkannte Richtlinien im gemeinsamen Umgang miteinander halten zu müssen, in die Knie gezwungen werden, indem niemand mehr die Handelsgüter des jeweiligen Landes abkauft. Damit wird das Land ausgehungert, denn die Regierungen benötigen das Geld der exportierten Güter“.

In meinem Kopf begann sich schon wieder alles zu drehen und ich glaube sogar, dass mein Mund offen stand, während der Oberst vorgetragen hatte. Kleinlaut sah ich ein, dass sich die Zeiten offenbar nicht nur in diesem Bereich stark gewandelt hatten und ich mit dem strategischen Wissen aus meiner alten Zeit heutzutage wohl eher keine Schlachten mehr für uns entscheiden würde.

MEIN TAGEBUCH ALS HÖRBILD

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Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2021)7,62 cm PAK 42 auf Schartenlafette
Titel eingearbeitetes altes Bild
Copyright | FotografBMLV
Archiv | Urheber altes BildHBF | Österr. Bundesheer

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