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Tagebucheintrag 3/018-Wp04


“Unter der Erde”

Copyright 2021 by Photographics | Matthäus Häupl, Wien

Der Oberst war sprichwörtlich wie vom Erdboden verschwunden. Ich konnte ihn nirgendwo sehen, rief aber angesichts der akuten Notlage immer wieder nach ihm. Plötzlich stolperte ich in ein Loch oder einen Graben. Diesen hatte ich bei meiner hektischen Suche nach dem Oberst komplett übersehen. Zum Glück hatte ich mich dabei nicht verletzt.

Ich ging den Graben entlang, bis ich zu einer Türe aus schwerem Eisen kam. Sie war nicht versperrt und ich trat ein. Drinnen war es düster und es roch typisch muffig nach Keller. Hatte ich hier gar einen Weinkeller gefunden? Durstig wäre ich ja von der anstrengenden Suche, aber zuerst muss den in Not geratenen Soldaten geholfen werden. Ich rief noch einmal nach dem Oberst und zu meiner Überraschung antwortete er aus einem der Räume. Es war so eine Art Besprechungsraum für Soldaten. Der Oberst hatte sich offenbar mit seinen Kameraden auf einen Plausch zusammengesetzt. Dieses Kränzchen musste ich leider rüde unterbrechen.

Immer noch außer Atem berichtete ich von dem versunkenen Panzer. Doch anstatt dass alle hinausliefen, um sofort zu helfen, war es für einige Sekunden Mucksmäuschen still. Dann brach schallendes Gelächter aus. Nun war ich sprachlos, um nicht zu sagen perplex. Lachten die mich etwa aus oder was geht hier vor?

Meinen beleidigten Gesichtsausdruck hatte der Oberst bemerkt und entschuldigte sich förmlich, um gleich mit der Erklärung fortzufahren. Das, was ich gesehen hatte, ist zwar tatsächlich ein drehbarer Turm mit einem Geschütz, identisch mit jenen, die auf den Panzern montiert sind. Nur eben ohne dem Fahrwerk. Dieses Fahrwerk konnte im gegenständlichen Fall eingespart werden und so wurde nur der Turmgeschützteil, welcher auch noch voll funktionsfähig ist, stationär einbetoniert. An dieser Stelle hätte sonst aus taktischen Gründen ein Panzer abgestellt werden müssen. Abgesehen von den Kostengründen würde das Fahrwerk defekt werden, wenn es kaum benützt wird und nur immer herumsteht. Außerdem ist der dicke Beton, auf welchen das Geschütz montiert ist, überdies sicherer als die Stahlplatten, die einen Panzer erst zum Panzer machen. Der Panzerturm kann aus dem unter der Erde befindlichen Bunker betreten und wie auch auf den fahrenden Panzern bewegt werden. Wofür baut man unterirdische Gebäude und montiert davor ein solches Panzergeschütz dachte ich nun, wollte aber nicht gleich wieder ausgelacht werden, weshalb ich mir die Frage vorerst für einen geeigneteren Moment aufhob. Der Oberst erklärte, dass dieser Raum der sogenannte Kommandoraum sei und im Ernstfall von hier aus die Befehle an die eingemauerten Panzer gegeben wurden.

Aber eine Frage hatte ich dann auch auf die Gefahr hin, wieder ausgelacht zu werden, doch noch gestellt. Warum hält man sich hier in so einem Gebäude auf, das zwar sehr sicher und auch bewaffnet ist, aber wenn es dem Feind gelungen wäre, bis hierher zu gelangen, dann würde man ja gar nicht flüchten können. „Also fachmännisch heißt das den Rückzug antreten“, korrigierte mich gleich mal der Oberst.

MEIN TAGEBUCH ALS HÖRBILD

Video-Erklärung und Informationen zum Thema


Informationen zu der Grafik

Standort des neuen Fotos (2021)Komandobunker
Titel eingearbeitetes altes Bild3. Jägerbrigarde – LOGHEAT 11
Copyright | FotografOStWm Alfred MIESENBÖCK;
Archiv | Urheber altes BildHBF | Österr. Bundesheer

Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at

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