
Tagebucheintrag 4-007 – Panzerhalle

Sonderausstellung in der Panzerhalle HGM | 2025
“Die erste Generation”

So ist unsere kleine Gruppe von einem Ausstellungsobjekt zum nächsten gewandert und hat sich alles ganz genau angesehen. Dennoch habe ich mir dazwischen immer wieder die kurze Zeit genommen, um die neuen Dinge genauer zu betrachten und zu versuchen, mit den Erfahrungen, die ich oben im Museum am Berg sammeln durfte, eine mögliche Erklärung für deren wirklichen Nutzen herauszufinden.
Als wir dann wieder im vorderen Bereich der Halle angekommen waren, ist mir erst aufgefallen, dass hier ja drei solche Panzer ausgestellt sind, mit denen auch der Herr Oberst Andreas seine Besucher durch das Gelände chauffieren lässt. Da ist natürlich dann meine eigene Euphorie so richtig durchgegangen und Julchen hat zum ersten Mal gar nicht so viele Fragen stellen können, als ich ihr Antworten gegeben habe. Ich war so dermaßen überzeugt davon, dass das jetzt ein Thema ist, bei dem ich mich wirklich voll und ganz auskennen würde. Hatte ich ja genug Zeit damit verbracht, den ausführlichen Erläuterungen des Herrn Oberst an seine Besucher zu zuhören. Deshalb war ich überzeugt, dass mir hier keiner ein A für ein O vormachen konnte und so sprudelte der Vortrag nur so aus mir heraus.
Angefangen damit, dass dieses Gerät Schützenpanzer genant wird und eigentlich nicht mehr als ein besser gepanzerter Bus für das Gelände ist. Er wird nämlich hauptsächlich zum Transport von kämpfenden Soldaten verwendet und diese steigen, warum auch immer, nicht sehr gerne in so ein Ding ein. Weiters hat das damals aus der dringenden Notwendigkeit heraus, dass es keine anderen brauchbaren Geräte dieser Art für das Gelände in diesem Land gab, eine ortsansässige Firma ganz neu und maßgeschneidert entwickelt und somit auch letztendlich einen sehr großen Erfolg in anderen Ländern damit gehabt. Die gängigen Technologien zu der Zeit hatten alle aus einer Kombination aus Rädern und Ketten bestanden und das war natürlich für diese gebirgigen Verhältnisse hier nicht wirklich geeignet. Außerdem sind die angeblich alle mit Benzin gefahren und dieses Gerät ist eben für Diesel entwickelt worden. Das war allerdings so eine Sache, die ich nicht wirklich herausbekommen habe, was das sein soll. Aber Julchen hat das erst recht nicht gewusst und es hat in der Situation einfach nur recht wichtig geklungen, so etwas auch einmal zu wissen.
Ich habe ihr auch noch erklärt, dass dieser Panzer den großen Vorteil gehabt hat, dass er sehr niedrig ist und dadurch eine kleine Silhouette bietet, die es sogar möglich macht, sich einfach nur hinter einem Busch verstecken zu können. Danach sind wir dann in das Innere des Panzers eingedrungen und dort habe ich ihr dann alles über die weitere Technik erklärt. Angefangen vom Mannschaftsraum, in dem bis zu acht Soldaten mit voller Ausrüstung Platz finden. Wenn dort die oberen Luken zu sind, dann hat man keine Ahnung mehr, wo es hingeht. Man merkt lediglich, ob man rauf oder runter fährt, und das ist wirklich ein ganz unangenehmes Gefühl, da dort auch keine Seitenfenster sind und es immer Stock dunkel ist. Weiter ging es dann mit dem Motor und das dieser 360 PS hat.
Da dieses Teil im Gegensatz zu den anderen Panzern keine Hebel hat, mit denen man die Ketten auf der linken und rechten Seite steuern kann, sondern ein Lenkrad, tauchte die Frage von Julchen sofort auf, wie man damit eine Kurve fahren könne. Auch darauf hatte ich natürlich sofort die richtige Antwort und bin mit ihr gleich wieder raus, um ihr das genau zu erklären. Dieser Panzer hat im vorderen Bereich, dort wo bei den Stinketeilen der Motor ist, so eine Art Getriebe, welches die Bewegungen des Lenkrades auf die Antriebsgeschwindigkeit der beiden Ketten aufteilt. Nicht so wie bei Rädern drehen sich die Ketten nicht in die Richtung, in die man fahren will. Man schiebt quasi das ganze Gerät über eine Kette in die gewünschte Richtung drüber, in dem sich die eine langsamer und die andere schneller dreht. Bei diesem Panzer allerdings bewegen sich, bedingt durch das Getriebe, alle beiden Ketten immer in dieselbe Richtung und dadurch kann man ihn auch nicht über den Mittelpunkt drehen. Bei anderen Panzern läuft eine vorwärts und eine rückwärts und da geht es. Dieser dreht praktisch nur in der Mitte der jeweiligen Kette in der Höhe der zweiten Laufrolle von vorne. Das ist dann im Stand auf hartem Untergrund nicht so gut für das Material, aber für schnelle Geländefahrten eben perfekt.
Ich war trotzdem irgendwie erstaunt darüber, was ich da alles so von mir gegeben hatte, denn teilweise muss ich wirklich zugeben, habe ich das meiste bis jetzt selber noch nicht so ganz richtig verstanden. Doch Julchen war das alles ziemlich egal. Im Gegenteil, die war so begeistert von all dem, dass sie aufgehört hat, mich mit irgendwelchen Fragen zu durchlöchern und ist nur mehr mit glänzenden Augen neben mir gestanden und hat brav auf die nächste spannende Geschichte gewartet. So sind wir dann halt noch eine Zeit lang weiter rund um den Panzer gelaufen und ich habe ihr dabei noch einige Sachen erklärt, die ich im Bunkermuseum bei meinem Aufenthalt so aufgeschnappt habe. Irgendwann war dann aber der Punkt erreicht, an dem auch mir nichts mehr Neues eingefallen ist.
Zu diesem Zeitpunkt ist mir ein kleiner älterer Herr aufgefallen, der schon seit geraumer Zeit meinen ausführlichen Erläuterungen aufmerksam gelauscht hat. Er ist immer in gehörigem Abstand hinter uns gewesen und hat ganz genau und interessiert beobachtet, was ich tue. In dem Augenblick ist es mir wieder genauso vorgekommen, als mich damals der Herr Genaralmajor bei der Aktion mit dem Nichtpanzer erwischt hatte. Und so ähnlich sollte es auch diesmal wieder kommen. Nach einem kurzen Gespräch, welches sich unweigerlich aufgrund der beiderseitig selben Interessen entwickelt hatte, hat sich der ältere Herr als ein ehemaliger Vizeleutnant aus der Panzertruppenschule vorgestellt, der maßgeblich an der Ausbildung der Soldaten an solchen Gerätschaften beteiligt gewesen ist und somit natürlich über das umfangreichste Fachwissen zu diesem Gebiet verfügt. Und da war es dann wieder gewesen, mein riesengroßes Fettnäpfchen.
Doch im Gegensatz zu meinen bisherigen Erfahrungen, wenn so etwas passiert, bekam ich diesmal vom Herrn Vizeleutnant sogar ein großes Lob ausgesprochen. Ich hatte zwar bei meinen Erklärungen nicht alles wirklich richtig erklärt und man hat als Fachkompetenz gemerkt, dass ich mir dazwischen ein paar Dinge einfach zusammengereimt hatte, dennoch hat er gemeint, das das, was ich gesagt habe, gar nicht so schlecht war und ich die Materie für nicht involvierte Personen eigentlich klar und verständlich rüber gebracht hätte. So wäre er mit meinen Ausführungen in großem und Ganzen recht zufrieden gewesen und hat sich sogar gewundert, wo ich all diese Informationen eigentlich alle herbekommen habe.
Anschließend hat er mich beim Arm genommen und mit den Worten „Jetzt zeige ich dir mal was ganz Spannendes.“, zu dem anderen Panzer auf der gegenüberliegenden Seite geführt. Der ist mir anfänglich gar nicht so aufgefallen, aber der hat fast genauso ausgesehen wie der, bei dem ich Julchen alles erklärt hatte. „Das ist jetzt wirklich der erste von denen, die in diesem Land gebaut wurden.“, hat er anschließend gemeint. Somit sind wir jetzt wirklich vor dem allerersten und fast einzigen dieser Art gestanden. Es wahr faszinierend. Der Herr Vizeleutnant hat uns in weiterer Folge fundiert alle Unterschiede, die sich im Laufe der Entwicklung vom Ersten zum Letzten ergeben haben, genauestens erklärt. Julchen hat ehrfurchtsvoll zugehört und ich war natürlich genauso fasziniert von den umfangreichen und durchaus neuen Geschichten, die ich über dieses Gerät erfahren durfte.
Wir sind dann anschließend noch zu einer weiteren großen Runde durch die Panzerhalle aufgebrochen und dabei habe ich ihm auch meine ganze Geschichte erzählt. In den freien Pausen dazwischen haben wir aber immer wieder den Erklärungen des Herrn Vizeleutnant zu den Gerätschaften aufmerksam gelauscht. Der hat das wirklich super gemacht und man hat gemerkt, dass der wirklich vom Fach ist. Allerdings hat er dabei natürlich auch aufgepasst, mich mit meinen kleinen Schummeleien bei meiner kleinen Schwester nicht auffliegen zu lassen. Ein wirklich feiner Mann.
So ist es wie immer auch heute noch zu einem ganz wunderschönen Tag gekommen und auch Julchen hat letztendlich mitbekommen, was es ausmacht, solche tollen Leute erst mal zu finden und warum ich dadurch seit all den Jahren meine Reisen noch immer nicht beendet habe. Schauen wir mal, was die nächsten Wochen uns noch so alles bringen werden. Seit ein paar Tagen sind wir ja mittlerweile zu dritt unterwegs und das kann sicher weiter sehr spannend werden. Vielleicht auch mit ganz neuen und unerwarteten Perspektiven. Lassen wir uns also all samt überraschen und sind wir einfach mal offen für das Neue.
Podcast-Erklärung und Informationen zum Thema
Informationen zu der Grafik
Standort des neuen Fotos (2024) | Panzerhalle HGM – Wien |
Titel eingearbeitetes altes Bild | SPz Prototyp bei der Erprobung | Saurer-Testgelände Loretto Nö | 1958 |
Archiv | Urheber altes Bild | HBF | Österr. Bundesheer |
Die ganze Reise findet ihr unter www.zeitreisende.at
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